Seite: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9

Antofagasta liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Rio de Janeiro. In Rio fallen über 1000 mm Jahresniederschlag hier nur 4 mm. Das heißt es regnet mehrere Jahre nicht und wenn der Regen kommt, dann meist unwetterartig. Ein Unwetter 1991 hat die Zufahrt zur Panameriana weggespült und die Stadt war für ein einige Tage nur vom Meer aus erreichbar.

Antofagasta

Markthalle

Kupferfrachter

Antofagasta ist eine moderne und grüne Stadt, die vom Hafen und der Kupferverhüttung lebt. Hier werden die Bodenschätze (Kupfer und Nitrat) des Großen Nordens von Chile verladen. Die Stadt wurde 1870 von Chilenen gegründet, war aber Teil Boliviens. Erst nach dem Salpeterkrieg von 1879 und 1881 gelangte der gesamte nördliche Teil des Landes von Paposo bis Arica zu Chile. Ich verbringe einen gemütlichen Tag in der Stadt, trinke und esse viel. Nachmittags fahre ich ein paar Kilometer nach Norden, hier gibt es zwei öffentliche Strände, der Pazifik ist aber so kalt, dass ich nur kurz baden gehe.

Badefreuden

Nach dem Ruhetag in der Stadt bin ich froh wieder im Sattel zu sitzen. Die ersten Kilometer führen steil bergauf auf die 800 m höher gelegene Küstenterrasse. Nach 30 km überquere ich den Wendekreis des Steinbocks, es ist Mitte Februar und die Sonne steht mittags fast senkrecht über mir.

Wendekreis des Steinbocks

Die Wüstenlandschaft schillert in der Sonne und es hat über 35°C. Mittagspause mache ich in Baquedano im Bahnhof. Nur einmal fährt ein Kupferzug durch und bringt mit zwei Lokomotiven und über 100 Waggons die Erde zum Beben. Der Ort ist ein verschlafenes Nest um den Eisenbahnknoten. Nachmittags schaue ich mir staunend die historischen Dampflokomotiven an, die in einem verfallenden Schuppen neben den Gleisen stehen. Durch die trockene Luft sind sie bestens erhalten. Ein Erdbeben hat die Loks aus den Gleisen gehoben, aber sie sind zum Glück nicht umgefallen und sehen aus, als ob sie nur Wasser, Kohle und etwas Fett bräuchten, um wieder fahren zu können.

Die Atacama ist eine der trockensten Wüsten der Erde. Bis 1870 in dieser Gegend Salpeter endeckt wurde, war es eine menschenleere Region. Salpeter wurde in Europa und Nordamerika für die Dünger- und Sprengstoffproduktion dringend gebraucht. Da Salpeter sehr gut wasserlöslich ist, kommt es nur in sehr trockenen Gebieten in abbauwürdiger Menge vor. Die Salpeterminen verloren ab 1930 rasch an Bedeutung als die künstliche Herstellung von Nitraten aufkommt. Zu dieser Zeit wurden die großen Kupfervorkommen entdeckt und es setzte ein zweiter Boom in der Wüste ein, der bis heute anhält.

Baquedano

Nachmittags kommt der Wind von der Küste auf und schiebt mich weiter bergauf. Im letzten Licht suche ich mir einen Platz in der Wüste und lege mich 500 m neben der Straße hinter einen Wall. Es war ein langer Tag mit 170 km und 1800 Höhenmetern. Ich habe heute 15 Liter Wasser verbraucht.

So sind es am nächsten Tag nur noch 80 km nach Calama, der angeblich trockensten Stadt der Welt. Es ist eine Bergbaustadt, die von der 16 km entfernten Kupfermine Chuqicamata lebt. Ich verbringe den Nachmittag Eis essend im Schatten. Am Tag darauf schließe ich mich einer Führung durch die Kupfermine an.

Die Mine von Chuquicamata

Minenlaster

Es ist die größte Tagebaumine der Welt, das Loch aus dem die Kupfererze mit riesigen Lastwagen gefördert werden ist über 1000 m tief. Ein Großteil davon wird direkt auf dem Gelände verhüttet. Die LKWs können bis zu 450 t Abraum befördern und schauen trotzdem winzig im Vergleich aus. Eine Relation für die wahre Größe erhält man erst, wenn ein Pickup einen LKW überholt. Die Mine Escondida (200 km weiter südlich) hat inzwischen Chuquicamata in der Förderung überholt.

Verhüttung in Chuquicamata

Auf dem Gelände werden auch die Erze aus den anderen Minen der weiteren Umgebung verhüttet. Ein imposanter aber kein schöner Anblick, vor allem wenn man weiß, dass die Bewohner von Chuquicamata umgesiedelt werden, weil die Umweltbelastung zu hoch wurde und um Platz für neue Abraumhalden zu schaffen.

Nachmittags steige ich wieder aufs Rad um zu den Tatio Geysiren zu fahren. Das sind zwar nur 120 km, allerdings geht es von 2000 m über einen 4500 m hohen Pass bis auf 4300 m bergauf.

Straßenschild

Die ersten Kilometer führen noch durch die Außenbezirke von Calama, später führt die Strecke durch Chiu Chiu, der ersten einer ganzen Reihe von Indiosiedlungen. Die Teerstraße endet vor dem Ortschild und beginnt direkt danach wieder. Um den Status als UNESCO Weltkulturerbe zu erhalten, dürfen die Straßen im Ort nicht geteert werden. Über manche Regelungen kann ich nur den Kopf schütteln. Im Ort esse ich zu Abend und treffe die erste Radlerin seit der Carretera Austral. Sie kommt aus Santiago und hat Probleme mit ihren Bremsen, die aber leicht zu beheben sind.

Chiu Chiu

Nach Chiu Chiu führt die Strecke durch einen der trockensten Bereiche der Atacama, hier hat es seit Jahrhunderten nicht geregnet. Später beginnt die Steigung und stelle ich mein Zelt neben die Piste und genieße den grandiosen Sternenhimmel.

Atacama

Am nächsten Tag lege ich auf 3.000 m in Caspana einen Ruhetag zur Akklimatisation ein. Caspana ist eine idyllisch gelegene Ortschaft deren 400 Einwohner alle Indigenas sind. Die Hänge sind terrassiert und es wird Landwirtschaft für den Eigenbedarf betrieben. Das Wasser kommt aus den Anden. Die zweite Einnahmequelle sind durchfahrende Reisegruppen, die hier auf dem Rückweg von den Geysiren Mittagspause machen.

Blick zurück

Aus dem Ort geht es gleich steil bergauf. Oberhalb von 3.500 m blüht die Wüste, da es in der Woche zuvor geregnet hatte. Kleine gelbe Büsche, große rote Blüten an den Sträuchern und alles ist grün. Endlich gibt es auch wieder Tiere zu sehen. Lamas, Vicuñas, wilde Esel, Hasen, Eidechsen und viele Vögel. Kurz vor der Mittagspause erreiche ich 4.000 m. So hoch oben war ich noch nie. Der Atem geht viel schneller und nach jedem Anfahren am Berg werden die Beine für 50 - 100 m dick. Dazu kommen leichte Kopfschmerzen. So schlafe ich zwei Stunden unter einem Felsblock im Schatten.

Auf 4.000 m

Abends erreiche ich die Geysire und nehme ein Bad in einem warmem Becken, die Temperatur kann man gut regulieren. Am Einstieg sind es etwa 25°C und am anderen Ende, wo das Wasser einläuft sind es ca. 70°C. Wie gut tut es, einen harten Tag im Sattel in einem warmen Thermalbad zu beenden.

El Tatio Geysire auf 4.300 m

In der Nähe der Geysire befindet sich ein Camp von Arbeitern. Einige heiße Quellen sollen zur Stromerzeugung für Caspana genutzt werden. Da keine Ersatzteile lieferbar sind, ist nur ein einsamer Wächter da. Da der Generator defekt ist, ist Ariel völlig von der Außenwelt abgeschnitten und freut sich über jeden Besuch. Wir verbringen den Abend gemeinsam in der Küche und ich zeige ihm Bilder von meiner Reise. In einem Wohncontainer richtet er mir ein Nachtlager ein.

Seite: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9