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Etwas gerädert steige ich morgens um 6 Uhr in Taltal aus dem Bus. Um diese Zeit hat kein Geschäft und keine Kneipe geöffnet, so esse ich mein Müsli auf der Placa des Armas auf einer Bank und steige danach auf´s Rad. 5 km nach der Ortschaft endet die Teerstraße, die Ruta Una ist auf den nächsten 200 km eine ungeteerte Piste. Mittagspause mache ich nach 80 km in Paposo, im Krämerladen werde ich mit Nudeln und Ei bewirtet. Auf die Frage, wann es hier das letzte Mal geregnet hat, antwortet mir die alte Frau: vor drei Jahren, aber die Regentropfen haben den Boden nicht erreicht. Noch weiß ich nicht was mich in den nächsten Tagen erwartet. Belade aber das Fahrrad mit 20 Liter Wasser.

Paposo

Das letzte Essen

Trotz des nahen Pazifiks hat es 30°C und die Sonne steht hoch am wolkenlosen Himmel. 20 km nach Paposo steht ein Kleinlaster mit Getriebeschaden am Straßenrand. Der Laster hat 1.000 Liter Wasser geladen und lässt diese gerade ab, ich nutze die willkommene Dusche und fülle nochmal fünf Liter Wasser nach. Die Piste wird zunehmend schlechter. Es herrscht kein Verkehr und ich sehe den ganzen Tag kein anderes Lebewesen außer einem verendeten Seelöwen. Kurz vor Dunkelheit steht ein aufgegebener Subaru Legacy auf Felgen am Straßenrand, ihm waren zwei Reifen geplatzt und er hatte nur ein Ersatzrad dabei. Seine Kratzspuren war 20 km zu sehen.

Ruta 1

Mein Zelt baue ich am Strand mit phantastischem Blick auf den Ozean und die Berge hinter mir auf. Überraschend erhalte ich Besuch von zwei alte Fischern, die hier Seetang für den japanischen Markt aufsammeln. Eine Tonne bringt ihnen umgerechnet 80 Euro. Dafür müssen sie eine Woche hart schufften. Mein Versuch Wasser zu sparen und mit Meerwasser Nudeln zu kochen scheitert kläglich, nicht einmal der Hund der Fischer mag die salzige Pampe essen. So lege ich mich hungrig schlafen.

Am nächsten Tag ist es noch wärmer. Die Luft ist dunstig und die Piste immer ein bis zwei Kilometer vom Meer entfernt. Viele Sandlöcher machen das Radfahren bei 35°C anstrengend. Mehrmals muss ich absteigen und das Rad 50 oder 100 m weit schieben.

Piste

Mittags erreiche ich eine armselige Fischersiedlung und verbringe dort die wärmsten Stunden des Tages in einer aufgegebenen Hütte. Überall liegt toter Fisch, Dreck und Müll. Die Kleinkinder sind mit ätzendem Ausschlag überzogen. Die Einladung zum Fischessen lehne ich dankend ab. Im Süden und in Santiago kamen mir Berichte über Cholerafälle in Chile unwahrscheinlich vor, hier weniger. Auch erzählen mir die Bewohner von einem hohen Pass auf dem Weg nach Antofagasta. Die direkte Küstenstraße soll in Caleta El Cobre enden.

Nachmittags fahre ich weiter nach Caleta und hoffe dort Wasser und Essen zu bekommen. Wie groß ist meine Enttäuschung als ich dort im Hafen ankomme. Hier stehen nur aufgegebene Hütten und viel Minenschrott herum. Die Einwohner haben den Ort schon vor Jahren verlassen. Auch ist meine chilenische Straßenkarte in diesem Bereich völlig falsch, eine direkte Straße gibt es nicht und die Entfernungsangaben sind viel zu kurz.

Caleta El Cobre

Willkommen in Caleta El Cobre. Nicht zerstören, wir kommen wieder

Am Abend sortiere ich alles überflüssige Material aus und hinterlasse alles, was ich in den nächsten zwei Tagen sicher nicht brauchen werde: Müsli, Nudeln, Obst, Käse, Ersatzreifen, die zweite Kette und das meiste Werkzeug. Wasser habe ich noch für einen Tag, bis dahin muss ich die Panamicana (Ruta 5) erreichen. Nachts werde ich vom Rascheln der Mäuse wachgehalten, die mit meinen Vorräten ein Festmahl veranstalten.

Bergauf

Zwei Stunden vor Sonnenaufgang sitze ich wieder im Sattel und suche die Piste, die über den Pass führen soll. Schilder gibt es keine dafür viele Sackgassen, die in aufgelassene Minen führen. Nach 3 Stunden ist am Wegesrand ein kleiner Friedhof. Hier frühstücke ich. Danach teilt sich die Piste und ich weiß nicht welchen Ast nehmen. Zwei km weiter führen beide wieder zusammen. Um 10 Uhr erreiche ich einen Pass und freue mich es geschafft zu haben. Nach der nächsten Kurve geht es aber wieder weiter bergauf.

Kupferberge

Eine Stunde später bin ich endlich am höchsten Punkt und finde am Straßenrand einen kleinen schattenspendenen Vorsprung. Von hier geht die Piste bergab, wird allerdings zunehmend sandiger, was das Fahren deutlich erschwert. Um 13 Uhr erreiche ich eine bessere Piste und kann meinen Augen nicht trauen als ein alter, ausgebrannter Bus am Wegesrand steht, in dem ich mich vor der Sonne verstecken kann. Selten habe ich mich über Schatten so gefreut und schlafe eine Stunde lang tief und fest. Im Hintergrund höre ich Autos und Lastwagen vorbeifahren, das muss die Panamericana sein.

Schattenspendender Bus

Wieviel größer ist meine Enttäuschung als ich nur auf eine weitere Piste treffe, die zum Observatorium Cerro Paranal führt. Wenigstens geht es von hier bergab und ich erreiche eine Stunde später die Ruta 5. Von hier geht es auf glattem Teer leicht bergab aber mit starkem Gegenwind noch 60 km nach Antofagasta. Den Abend verbringe ich glücklich beim Mexikaner, froh die 120 km und 2000 Höhenmeter Etappe gut hinter mich gebracht zu haben.

Panamericana

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