|
|
|
Seite: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9
|
|
Hinter einer Kuppe erreichen wir einen strahlend blauen See und haben den ersten Blick auf die Torres del Paine. Was für ein unglaublicher Anblick! Die vereisten und windgebeutelten Türme erheben sich 3000 m über die Pumpa. Wie in einem kitschigen Film läuft nach der nächsten Kurve eine Herde Vicuñas über die Straße. Das Wetterglück ist uns den ganzen Tag hold, der Wind hält sich zurück, so dass wir am frühen Nachmittag im Nationalpark sind. Es ist Hochsaison und der Campingplatz gut gefüllt, aber wir finden einen schönen Platz unter Bäumen. Es ist windstill und abends ziehen Wolken auf. In der Nacht fängt es an zu regnen. So packen wir die nassen Zelte ein und machen uns auf den Weg zur Umrundung des Paine Massivs. Durch die nächlichen Regenfälle sind die Bäche angeschwollen, Thomas kann den zweiten Bach nicht überqueren und dreht um. Ich mache mich alleine weiter auf den Weg zum Campamiento Italiano, es regnet den ganzen Tag weiter. Abends trockne ich meine Sachen im Vorzelt und lausche aus dem warmem Schlafsack dem Sturm der durch die Südbuchen rauscht.
|
|
|
|
Valle des Frances
|
|
Am nächsten Morgen erkunde ich vom Camp aus das Valle Frances. Bald geht der Buchenwald in niedrige Büsche über, oberhalb von 1000 m wachsen nur noch Moose und Rasenpolster. Die Baumgrenze wird hier von der Hangexposition und vom Wind bestimmt. Auf 1600 m beginnen die Moränenschotter der letzten Vereisung. Ich steige noch 200 Höhenmeter über Schneefelder weiter bis zu einem flachen Sattel auf der Rückseite der Painetürme. Der Pass verläuft in West - Ost Richtung und wirkt wie ein Windkanal. Es herrschen Windgeschwindigkeiten von 150 km/h und mehr. So etwas habe ich noch nie erlebt, ich kann mich nur auf allen vieren fortbewegen, die Kamera wird mir aus der Hand gerissen, die Bilder mache ich im Liegen. So bleibe ich nicht lange und mache mich mit einem amerikanischen Pärchen auf den Rückweg. Es folgt eine weitere stürmische Nacht unter rauschenden Bäumen im Märchenwunderwald. Obwohl das Zelt wie wild knattert, schlafe ich tief und fest.
|
|
|
|
Paso del Viento
|
|
Am nächsten Morgen hängt der Himmel tief und grau, so packe ich das Zelt noch vor dem Regen ein und mache mich auf den Weg zum Lago Grey. Es ist kalt, regnet und stürmt den ganzen Tag. Der See wird am westlichen Ende vom Glacier Grey gespeist, der wiederum vom südlichen patagonischen Inlandseis kommt. Am Seeufer gibt es eine wunderschöne Hütte mit verglaster Front, dort verbringe ich den Nachmittag mit heißer Schokolade und Kuchen und schaue staunend den Eisbergen zu, die vom Wind innerhalb von einer Stunde über den gesamten See (ca. 5 km) getrieben werden. Am nächsten Morgen liegt oberhalb von 800 m Schnee. So drehe ich um und nehme das Boot über den Lago Pehoe. Auf der anderen Seite wartet ein Bus, der mich zurück zum Camp Las Torres und meinem Fahrrad bringt. Im Lee der Painetürme ist das Wetter besser, es sind Föhnlinsen am Himmel und die Sonne scheint, allerdings weht ein stürmischer Wind.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Den letzten Tag im Nationalpark nutze ich, um mir die Painetürme aus der Nähe anzusehen. Von Las Torres steige ich in zwei Stunden gemütlich zum Aussichtspunkt, der wunderschön an einem Gletschersee liegt. Zu früher Stunde genießt man das gesamte Panorama fast alleine. Auf dem Rückweg kommen mir sicher 100 Leute bei steigenden Temperaturen entgegen und die Türme versteckten sich im aufziehenden Schlechtwetter. Zurück im Camp ist aus dem Wind ein ausgewachsener Sturm geworden. So baue ich das Zelt ab und lasse mich vom stürmischen Wind zurück nach Cerro Castillo schieben. In der Hospedaje gibt es ein freudiges Wiedersehen und ein Telefonat mit der Heimat, um meiner Mutter zum Geburtstag zu gratulieren.
|
|
|
|
Sturm über den Painetürmen
|
|
Cerro Castillo ist gleichzeitig Grenzübergang nach Argentinien. Zwischen beiden Grenzposten befinden sich fünf km Niemandsland. Die Formalitäten selbst sind absolut problemlos, ein Ausreise- und ein Einreisestempel, ein paar freundliche Worte woher und wohin und zehn Minuten später bin ich unterwegs in Richtung Calafate. Die Piste ist mäßig, in einer engen Kehre muss ich vom Rad und 100 m bergauf schieben, da der Wind mit 60 km/h von vorne bläst und das Hinterrad im weichen Schotter keinen Halt findet. Die meiste Zeit schiebt aber der Wind hinten und ich bin abends überrascht 120 km geschafft zu haben. Das Zelt baue ich in einer halbwegs windgeschützten Senke neben der Piste auf. Während ich Abendessen koche, kommt Sven, ein Radler aus Sachsen vorbei. Er hatte sich in La Paz für 150,- US $ ein Rad im Supermarkt gekauft und ist drei Monate lang durch Südamerika gefahren. Sein Hinterrad musste zweimal neu aufgebaut werden. Er war ohne Packtaschen und ohne Werkzeug unterwegs, nicht mal eine Luftpumpe hat er dabei. Ich kann ihm auch nicht helfen, da meine Pumpe kein Adapter für Autoventile hat.
|
|
|
|
Argentinische Pampa
|
|
Die Nacht ist ungemütlich, der Wind dreht und bläst fast das Zelt weg. So schlafe ich bis 2 Uhr im Windschatten der Böschung auf dem zusammengelegten Zelt. Als es dann auch noch anfängt zu regnen, verziehe ich mich in eine Wasserröhre unter der Piste. Um 5 Uhr sitze ich wieder im Sattel. Nach drei Kilometern stoße ich auf die geteerte Straße und muss nach links abbiegen. Nach einer Stunde habe ich sechs km gegen den Wind geschafft. Frustriert drehe ich um und fahre in die andere Richtung. In der nächsten Stunde schaffe ich 45 km in Richtung Südosten und Atlantik, wo ich gar nicht hin will.
|
|
|
|
Hotel in der Pampa
|
|
Ein Kleinbus hält an und nimmt mich samt Fahrrad nach Calafate mit. Zwei Stunden später bin ich in der Stadt, die windgeschützt hinter einem großen Hügel liegt. Ich komme in einer alten Polizeikaserne mit engen 4 Bettzimmern unter und genehmige mir als erstes eine heiße Schokolade und leckeren Linzer Kuchen. Mitten in der Stadt steht der Dieselgenerator zur Stromerzeugung, sonst könnte es sich auch um eine Kleinstadt in den spanischen Pyrenäen handeln, mit schmucken Fassaden von Outdoorläden, Cafés, schicken Restaurants und Reiseagenturen, die Touren zum Nationalpark Perito Moreno und nach El Chalten anbieten.
|
|
|
|
Perito Moreno Gletscher
|
|
|
|
Die Gletscherstirn
|
|
Am nächsten Tag schließe ich mich der Jugendherbergstour zum Perito Moreno Gletscher an, die von einem Geographiestudenten geleitet wird. Der Gletscher ist Teil des südlichen patagonischen Inlandeises und endet mit einer 50 m hohen Gletscherfront im Lago Argentino. An der Stirn herrscht tagsüber Daueraktivität durch das Abbrechen kleinerer und größerer Eisbrocken. Einmal fällt ein hausgroßer Block in den See und erzeugt eine hohe Flutwelle. Man begreift die Dimensionen erst, wenn man ein Ausflugsboot vorbeifahren sieht. Die Front wandert um einige Meter pro Jahr vor. 2003 fehlen nur wenige Meter, um einen Seitenarm des Sees zu blockieren. Was alle 4 bis 10 Jahre geschieht. Dann steigt der Wasserspiegel innerhalb weniger Tage um 15 m an bis der Druck des Wassers so hoch wird, dass die Gletscherzunge unter der Last des Wassers zusammenbricht. Sicher ein beeindruckendes Schauspiel. Am Aussichtspunkt treffe ich überraschend Thomas wieder, der mit einer Tagestour von Puerto Natales hierher gefahren ist und morgen mit der Fähre von nach Puerto Montt fahren will. Wir verabreden uns für übernächste Woche auf der Careterra Austral.
Der Wind läßt auch am nächsten Tag nicht nach, so dass ich mich für den Bus nach El Chalten entscheide, das Rad wird auf dem Dach festgezurrt. Nach nach 10 km bleibt der Bus mit Getriebeschaden liegen. Zwei Stunden später kommt der noch ältere Ersatzbus. Die Landschaft ist beeindruckend. Im Osten sind die flachen Hügel der Pampa, im Westen die schroffen Zinnen der Andenkette und davor die türkisfarbenen Gletscherseen.
|
|
|
|
El Chalten
|
|
El Chalten war bis 1990 eine kleine Siedlung im Nirgendwo. Inzwischen hat ein regelrechter Tourismusboom eingesetzt. Aufgrund der Abwertung des Pesos seit 1980 sind für die meisten Argentinier Reisen ins Ausland unerschwinglich geworden. Trotzdem hat der Ort den Charme aus Zeiten des Wilden Westens bewahrt. Obwohl jedes zweite Haus ein Hotel ist, ist in der Hochsaison keine Unterkunft ohne Reservierung zu bekommen. So mache ich mich auf den zweistündigen Weg ins Camp Bridwell, dem Ausgangspunkt zum Cerro Torre. Hier steht eine kleine Zeltstadt mit einer windschiefen Hütte in der Mitte. Die Einrichtung und die Schnitzereien zeugen vom langen Warten auf gutes Wetter. Auch heute ist der Cerro Torre hinter dichten Wolken verborgen und um seinen Gipfel ziehen lange Schneefahnen.
|
|
|
|
Fitz Roy und Cerro Torre in Wolken
|
|
|
Die ganze Nacht peitscht der Wind durch den Wald und es regnet ununterbrochen. Inzwischen stört mich das nicht mehr beim Schlafen. Am nächsten Morgen scheint im Camp die Sonne und ich mache mit einem US-Amerikaner eine Wanderung durch´s Unterholz, über lange Schutthänge und die Seitenmörane des Lago Torre zum Gletscher am Wandfuß. Allein der Blick auf den Gipfel des Cerro Torre bleibt uns den ganzen Tag verwehrt. Den nächsten Tag verbringe ich wandernd im Park und genieße den Ausblick auf den majestätischen Fitz Roy, dessen Gipfel wolkenfrei ist.
|
|
Seite: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9
|
|
|