7 Wochen in Tibet
2004
hat mich mal wieder das Fernweh gepackt, mein Überstundenkonto war gut
gefüllt und die Epicondylitis im linken Ellenbogen gut entwickelt. So
wurde der alte Plan, Tibet mit dem Rad von West nach Ost zu durchqueren
wieder ausgegraben. Ein kurzer Webcheck und das Ganze schien nicht
völlig undurchführbar. Die Einreise mit dem eigenen Auto nach China ist
nahezu unmöglich, der lokale Fahrzeugmarkt für Europäer völlig
undurchsichtig und bei einer Busfahrt wird man von Stadt zu Stadt
gekarrt und sieht nicht viel von der Landschaft. Zu Fuß unterwegs zu
sein, ist bei den Entfernungen in Tibet ein sehr zeitaufwändiges
Unterfangen. So war das Fortbewegungsmittel der Wahl mein geliebtes
Germans Acid Extreme, das mir schon auf 3500 km quer durch Südamerika
treue Dienste geleistet hatte.
Zusammen
mit meinem elf Jahre jüngeren Bruder Wolfram fliegen wir Mitte August
mit Gulf Airlines über Bahrein und Abu Dhabi nach Pakistan. Erster
Schock am Flughafen von Islamabad, zwei Ortliebtaschen fehlen. Nach
Rücksprache mit Shaheen Airport Services kommen wir in einem Hotel im
10 km entfernten Rawalpindi unter. Nachmittags kommt der erlösende
Anruf, die Taschen liegen in Abu Dhabi und werden uns am nächsten Tag
nachgeschickt.
Wir
nutzen die Zeit, den Jetlag zu verarbeiten, Rawalpindi zu erkunden und
einen Flug nach Gilgit in der Nördlichen Grenzregion zu buchen. Das
kann man nur am Pakistan International Airlines (PIA) Schalter in
Rawalpindi und auch nur für einen Tag im voraus. Als wir auf dem
Flugfeld stehen, wird uns klar warum, eine Fokker F27 Baujahr 1962
wartet auf uns. Die alte Maschine hat keine moderne Navigation, wenn
Wolken im Tal hängen kann sie nicht fliegen. Alles Gepäck wird hinten
in der Maschine verstaut, unsere Radboxen stehen in der ersten Reihe.
Der Übergepäckzuschlag beträgt reisekassenfreundliche 5,- US $.
Der
Flug verläuft bis auf das unstete Rattern der Motoren reibungslos. Der
Ausblick auf den Nanga Parbat, um den die Fokker herumfliegt, ist
grandios. Aus so einer kleinen Maschine sind die Dimensionen eines
Achtausenders noch viel imposanter. Nur mein Bruder, der Maschinenbau
studiert, nervt mich mit ängstlichen Analysen zur
Dauerschwingfestigkeit von Aluminium.
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Zum
Einfahren ist der Karakorum Highway ideal, großartige Landschaft,
oberhalb von Gilgit wenig Verkehr und Ortschaften im Abstand weniger
Radstunden. Es geht stetig bergauf oder bergab, über Schuttkegel,
durch Aprikosenhaine und über reißende Seitenflüsse.
Das Tal verengt sich und die Aussicht wird immer atemberaubender, die
wilden Berge sind 6000 oft 7000 m hoch und von bizarren
Hängegletschern gekrönt. Was ein überwältigender
Gegensatz zur Trockenheit im Tal und an den steilen Hängen. Ohne
künstliche Bewässerung wäre die Landschaft völlig
kahl. Der sommerliche Monsunregen staut sich an der Nanga Parbat Kette
und das Industal liegt im Regenschatten. Die Pakistanis sind freundlich
und neugierig und in jeder Ortschaft lässt sich etwas zu Essen und
zu Trinken organisieren.
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Freudige
Überraschung in Karimabad, als wir Benni treffen. Der gerade Tibet
mit seinem Rad Fridolin in der Gegenrichtung durchquert hat. Er ist mit
seinem Anhänger unterwegs und nicht zu übersehen. Seine
Informationen über die Strecke sind für uns natürlich
viel wert. Wer mehr wissen will, Benni hat eine informative Webseite www.benniaufreisen.de
Nach drei Tagen erreichen wir
Sost. Hier werden die Ausreiseformalitäten nach China erledigt,
bis zur Grenze auf dem Kunjerabpass sind es noch 30 km. Diese legen wir
in einem pakistanischen Bus zurück, da die chinesische
Einreiseformalitäten 135 km nach dem Pass in Tashkurgan
abgewickelt werden und China es nicht erlaubt, diese Strecke ohne
Begleitoffizier zurückzulegen. Die Fahrräder werden auf dem
Dach festgezurrt. Für 165 km benötigt der Bus einen ganzen
Tag. Von Sost geht es steil bergauf zur Passhöhe auf 4730 m. Oben
angekommen wird das obligatorische Passfoto geschossen und dann geht es
wieder in den Bus und weiter nach Tashkurgan.
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